Immobile Wohnungspolitik

Die unparteiische NRW.Bank hat schon vor einiger Zeit einen jährlichen Neubaubedarf von 80.000 Wohneinheiten jährlich festgestellt. Ein Viertel davon sollte öffentlich gefördert sein. Tatsächlich wurden in den letzten Jahren gerade einmal halb so viele Wohnungen genehmigt. Die Zahl normaler öffentlich geförderter Wohnungen zur Miete kommt über lächerliche ca. 5.000 Einheiten jährlich nicht hinaus. Gleichzeitig verlieren immer mehr ehemals öffentlich geförderte Wohnungen ihre Bindungen und nähern sich dem ortsüblichen Mietniveau an. Immer mehr Geld wird für immer weniger Wohnungen aufgewendet. Dennoch schiebt die Landesbauministerin 450 Millionen Euro Fördermittel aus früheren Jahren vor sich her. Der Wohnungswirtschaft wird das Geld hinterher geworfen. Die aber bückt sich nicht mal, es aufzuheben. Dabei liegen die Bewilligungsmieten neuer Sozialwohnungen in Bonn, Köln, Düsseldorf und Münster mittlerweile schon bei sieben Euro. Das können sich aber nicht mal mehr die Bauhelfer leisten, die die Wohnungen errichten!

Statt genügend erschwinglicher Wohnungen gibt es für die Mieterinnen und Mieter die drastische Einschränkung ihrer Rechte. Obwohl stark steigende Mieten mittlerweile auch Kleinstädte und den ländlichen Raum erfassen, stellt die Landesregierung lediglich noch in 18 Städten einen angespannten Wohnungsmarkt fest. Nur dort kommt bspw. die Mietpreisbremse zur Anwendung. Aachen, die Ruhrgebietsstädte oder Ostwestfalen? Fehlanzeige! Mehr noch: Der Bundesgesetzgeber hat dankenswerterweise in seiner Schlussphase das Baulandmobilisierungsgesetz verabschiedet. Es versetzt die Kommunen in die Lage, brachliegende Flächen für den Wohnungsbau zu aktivieren. Zum Beispiel kann eine Stadt ein Vorkaufsrecht ausüben. In angespannten Märkten gibt es das Recht, ein Baugebot zu erlassen. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen kann untersagt werden. Diese neuen Steuerungsinstrument bleiben aber den NRW-Kommunen verwehrt, da die Landesregierung die erforderliche Verordnung nicht in Kraft setzt. Man denke noch darüber nach, heißt es aus dem zuständigen Ministerium. Wahrscheinlich bis zum Wahltag. Mieterinnen und Mieter und alle anderen, für die Wohnungspolitik auch Sozialpolitik ist, sollten den nutzen.

Hans-Jochen Witzke

Vorsitzender Deutscher Mieterbund NRW

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