Weniger Arbeitsbelastung, sichere Versorgung: Zukunftskonferenz der SPD-Fraktion zeigt, was sich in Gesundheit und Pflege tun muss

Die Belastungen für Beschäftigte in Gesundheit und Pflege sind enorm. Das wissen spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie viele. Doch was bedeutet Arbeiten am Limit eigentlich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Marissa-Fong-Yee Dengs kann das eindrücklich schildern. „Ich habe 230 Stunden im Monat gearbeitet, weil Kollegen ausgefallen sind“, sagt sie über ihre Zeit als Angestellte in der ambulanten Pflege: „Wenn ich nicht da bin und komme, ist halt keiner da. So fühlen sich Pflegekräfte ausgebeutet.“

So schildert es Dengs auf unserer Zukunftskonferenz #MenschImMittelpunkt. Die Diskussionen mit Dengs und anderen Fachleuten zeigen: NRW braucht den sozialen Neustart in der Gesundheits- und Pflegepolitik. Unsere Forderung lautet dabei: Maximal Mensch statt maximal Gewinn. Denn davon profitieren Beschäftige und Patient*innen.

Dengs hat sich inzwischen selbstständig gemacht, versucht mit der eigenen ambulanten Pflege einen neuen Weg zu gehen. Ihren Mitarbeitenden will sie faire Arbeitsbedingungen bieten und nicht über ihren Kopf hinweg entscheiden. Die Faszination ihrer Arbeit soll vor lauter Last nicht verschwinden. Denn: „Der Beruf, den wir machen, ist so toll, weil wir viel Freude und Dankbarkeit unserer Patienten erhalten.“

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach lenkt den Blick auf die Lage in den Krankenhäusern. Unsere Landtagsfraktion kämpft gegen das Krankenhausschließungs-Programm der schwarz-gelben Landesregierung. Lauterbach unterstreicht, wie wichtig der Einsatz für ausreichend Personal und genug Kapazitäten in den Kliniken ist. Die Herausforderung des Personalmangels werde sich noch verschärften, wenn die Baby-Boomer in Rente gehen, sagt Lauterbach. Seine Forderung: „Wir müssen dazu kommen, dass Krankenhäuser nicht gefährdet sind, die gute Arbeit anbieten und sich an die Personalverteilung halten.“

Susanne Quast kennt den Dauerstress im Krankenhausbetrieb bestens. Sie ist Ärztin und Betriebsrätin in einer Düsseldorfer Klinik. Ihre Worte sind eindringlich: „Wir sind in einer Struktur, in der wir ununterbrochen zu wenig tun können, weil die Zeit fehlt.“ Sie fordert eine neue Ausrichtung der Gesundheitsversorgung: „Ich bin der festen Überzeugung, dass man mit der Daseinsvorsorge kein Geld verdienen muss. Wenn man kostendeckend handelt, reicht dies völlig aus.“

Robert Spiller, zuständig für Gesundheitspolitik bei der Gewerkschaft ver.di, sagt: „Versichertenbeiträge sind für eine gute Gesundheitsversorgung und nicht für die Rendite.“

Zu viele Menschen in NRW erleben die Ungerechtigkeit des Gesundheitssystems. In ärmeren Stadtteilen oder auf dem Land fehlt ihnen der optimale Zugang zu bester Gesundheitsversorgung. „Wir haben große soziale Probleme im Zugang zur Versorgung“, bestätigt Stephan von Bandemer, Wissenschaftler für Gesundheitswirtschaft am Institut für Arbeit und Technik. „Ein wesentlicher Punkt ist die Digitalisierung. Wir können Menschen mit Telemedizin kontinuierlich erreichen.“

Roland Adelmann, Chefarzt und Klinikdirektor am Kreiskrankenhaus Gummersbach, rückt die Kinder- und Jugendmedizin in den Fokus. „Ich möchte nicht, dass Mediziner darüber nachdenken, ob sich eine Behandlung lohnt. Sie sollen ein Kind genauso behandeln wie ihr eigenes Kind“, sagt Adelmann. All zu viele Kinderkliniken stoßen in NRW an ihre Belastungsgrenzen. Wir wollen beste Versorgung für alle Kinder ermöglichen. Es braucht dafür etwa dringend zusätzliche Finanzmittel für die Soforthilfe, um weitere Schließungen pädiatrischer Kliniken und Abteilungen zu verhindern.

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