Ein Verbot der Prostitution löst keine Probleme

Seit mehr als anderthalb Jahren führen wir in der SPD-Landtagsfraktion die Diskussion um das Sexkaufverbot. Warum wir uns, warum ich mich mit dem Thema schwer tue? Weil sowohl die Befürworterinnen und Befürworter als auch die Gegnerinnen und Gegner gute Argumente auf ihrer jeweiligen Seite haben. Ich habe mich mit ihren Argumenten intensiv auseinandergesetzt – und es bleibt das Gefühl: Egal, welche Entscheidung wir treffen, sie hat immer einen faden Beigeschmack. Nichtsdestotrotz haben wir uns entschieden, uns gegen ein Verbot auszusprechen. 


Die Schweden haben bereits 1998 das so genannte Nordische Modell eingeführt. Es verbietet Prostitution, verfolgt Freier strafrechtlich, entkriminalisiert Prostituierte und bietet Ausstiegshilfen ebenso an wie eine Aufklärung der Gesellschaft. Diesem Modell sind Länder wie Norwegen, Irland und Kanada gefolgt. Viele dieser Punkte sind auch für mich unstrittig. Ich finde jedoch, wir müssen auch die Frauen unterstützen, stärken und begleiten, die nicht aussteigen wollen. Was sich in den vergangenen zwanzig Jahren gezeigt hat: Das Sexkaufverbot hat in Schweden nicht dazu geführt, dass Menschenhandel und Zwangsprostitution nachhaltig bekämpft werden konnten. Meiner Meinung nach verlagern Verbote Prostitution nur an andere Orte, wo sie weitaus weniger transparent und damit für die Betroffenen weitaus gefährlicher ist.


Damit liegen die Gegenargumente auf der Hand: Prostitution verschwindet in den Untergrund, Gewalt gegen Prostituierte nimmt zu, der Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversorgung und zu sozialen Leistungen ist für die Betroffenen schwieriger. Umstände, die wir mit dem Prostituiertengesetz von 2002 eigentlich bekämpfen wollten. In unserer Gesellschaft kann jede Frau und jeder Mann selbstbestimmt entscheiden, wie sie oder er den Lebensunterhalt verdienen möchte – das schließt auch die freiwillige Prostitution mit ein. Wer jedoch dazu gezwungen wird, ist ein Opfer von Zwangsprostitution, möglicherweise sogar von Menschenhandel. Das bleibt unbestritten eine Straftat, die verfolgt werden muss! Und zwar viel schärfer und konsequenter, als es heute der Fall ist. Auch der Opferschutz muss in diesem Bereich verbessert werden.


Bei dem Thema sind wir uns mit dem Deutschen Frauenrat, der Aidshilfe Deutschland und der Diakonie Deutschland einig. Statt eines Sexkaufverbots bedarf es mehr Unterstützung für die Menschen, die diesem Beruf nachgehen. Wir müssen unseren Blickwinkel verändern: weg von der Stigmatisierung der Prostitution, hin zum Schutz in der Prostitution. So kann es uns gelingen, die Aufklärung voranzutreiben.


Und bitte lasst uns auch bei dieser Diskussion solidarisch und friedlich miteinander umgehen. Unabhängig davon, wie emotional diese Diskussion geführt wird, darf sie nicht dazu führen, dass sich Gegnerinnen und Gegner sowie Befürworterinnen und Befürworter gegenseitig diffamieren. Damit ist wirklich niemandem geholfen – schon gar nicht den betroffenen Frauen.


Foto von James MacDonald von Pexels

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One Comment

  1. Hansmann 20. August 2023 at 16:43 - Reply

    Europaweit Frauen unterstützen , Gesellschaft aufklären und Freier bestrafen, ist zweifelsohne der bessere Weg. Solange der Gesetzgeber den Geldhahn zur Rotlichtkriminalität nicht zu dreht, wird die Verdrängung nur dunkler und unübersichtlicher. Wer regiert und beherrst das Rotlicht? Wer schützt hier heute die Frauen? Was in 20 Jahren nicht geklappt hat, wird nun auch nix mehr…unglaublich, dass Frauenrat, Amnesty und Co hier keine Zweifel hegen.

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