GemeindeschwesterPlus

Fangen wir mal möglichst allgemein an. Was ist eine „GemeindeschwesterPlus“ überhaupt?

Eine Gemeindeschwester berät und unterstützt hochbetagte Menschen in ihrer aktuellen Lebenssituation. Wir sind Pflegefachkräfte aus der Kranken- und Altenpflege, die langjährige Berufserfahrung mitbringen. Und unsere Klientinnen und Klienten werden etwa zu vorbeugenden gesundheitlichen Vorkehrungen beraten, um eine Pflegebedürftigkeit möglichst lange zu vermeiden. Dabei sind wir nicht nur beratend tätig, sondern vermitteln auch zwischen regionalen und sozialen  Unterstützungsnetzwerken. Angestellt wird wir bei der Stadt oder dem zuständigen Kreis. Auch Sozialstationen sind Anstellungsträger.

Eva Müller, Pflegefachkraft im Projekt “GemeindeschwesterPlus” in Kirchheimbolanden

Bislang gibt es das Projekt seit 2015 in Rheinland-Pfalz. In unserem Leitantrag zum sozialen Neustart in der Gesundheits- und Pflegepolitik haben wir gefordert, das Projekt auch in NRW zu starten. Warum halten Sie das Projekt für besonders wichtig?

Es ist ein Weg hin zu einer Langzeitstrategie in der Pflege- und Gesundheitsbranche. Deshalb ist es wichtig, dass wir ein Gesamtkonzept brauchen, um unsere Pflegelandschaft auf zukunftsfähige Beine zu stellen. Mit Blick darauf, dass unsere Bevölkerung immer älter wird und wir gleichzeitig weniger Personal in den Gesundheits- und Pflege berufe haben ist es nur richtig, Menschen so lange wie möglich selbstbestimmt in ihren gewohnten Begebenheiten leben zu lassen. Die GemeindeschwesterPlus leisten hier einen wichtigen Beitrag.

Sie sind jetzt seit einigen Jahren als Gemeindeschwester-Plus tätig. Wie ist es dazu gekommen?

Ich habe vorher 39 Jahre in der Pflege gearbeitet. Aber wegen gesundheitlicher Einschränkungen wurde das für mich immer schwieriger. Ich habe mich dann nach Alternativen umgeschaut, in der ich meine Erfahrungen in der ambulanten und stationären Pflege einbringen kann. Das Projekt der „GemeindeschwesterPlus“ ist da natürlich ideal: Erfahrung ist nämlich Einstellungsvoraussetzung und wirklich das A und O. Nur die Fachkraft sieht, riecht, hört was in einem Haushalt passiert.

Was ist in Ihrem Arbeitsalltag besonders wichtig?

Der Kontakt zu Menschen ist unerlässlich. Pflege besteht nicht nur aus technischen Bewegungen. Es muss ausreichend Zeit für Gespräche geben – deshalb ist das Kernstück der Arbeit auch der präventive Hausbesuch. Ansonsten ist die Arbeit wirklich sehr vielfältig.

Mit welchen Menschen arbeiten Sie zusammen?

Gut zwei Drittel meiner Klientinnen und Klienten sind über 80 Jahre alt. Männer sind grundsätzlich schwieriger zu erreichen als Frauen, aber das darf man nicht zu sehr verallgemeinern. Viele Menschen ziehen sich zurück, wenn Partnerin oder Partner, Freunde und Verwandte versterben und wegziehen. Da ist es manchmal gar nicht so leicht, einen Draht aufzubauen. Aber das ist alles eine Frage der Empathie und der Offenheit.

Können Sie uns sonst noch Erfahrungen mit auf den Weg geben?

Es ist wichtig, dass das Projekt nicht auf eine zu kurze Zeit befristet ist. Man braucht Zeit, um Netzwerke und Strukturen auf- und auszubauen. Ziel ist es doch, dass hochbetagte Menschen möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben im gewohnten Umfeld führen können. Dafür müssen Angebote für die Bewegung und gesunde Ernährung und Begegnungsmöglichkeiten geschaffen werden. Und das kann nicht von heute auf morgen umgesetzt werden.

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