Im nordrhein-westfälischen Landtag fand heute eine Anhörung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Novellierung des „Neuen Kommunalen Finanzmanagements“ statt. Dabei wiesen die anwesenden Experten auf zahlreiche tiefgreifende Mängel des von der schwarz-gelben Regierungskoalition vorgelegten Entwurfs hin. Dazu erklärt Stefan Kämmerling, kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW:
„Ziel des Gesetzentwurfs ist nach Ankündigung der Landesregierung eine Erleichterung des Haushaltsausgleichs der Kommunen. Allerdings soll dies offenkundig nicht durch nachhaltige strukturelle Hilfen geschehen. Vielmehr legitimiert der Gesetzentwurf buchhalterische Tricksereien. Diese würden es den Kommunen zukünftig erlauben, zu Lasten ihrer Substanz – also des Eigenkapitals – zu wirtschaften und trotzdem so zu tun, als ginge es ihnen finanziell gut.
Die Umsetzung des Gesetzentwurfs würde damit einen besseren finanziellen Zustand der kommunalen Haushalte vorspiegeln, als es in der Realität der Fall ist. Besonders kurzsichtig ist in diesem Zusammenhang die beabsichtigte Ersetzung des im bisherigen Haushaltsrecht verankerten „Vorsichtsprinzips“ durch das sog. „Wirklichkeitsprinzip“. Dies bedeutet faktisch die Abwendung des bisher auch in der kommunalen Haushaltswirtschaft unumstrittenen Prinzips des „Handelns wie ein ordentlicher und gewissenhafter Kaufmann“.

Die derzeitige gute wirtschaftliche Lage sollte jedoch niemanden übermütig werden lassen, denn die kommunalen Haushalte sind weiterhin überwiegend „auf Kante genäht. Letztlich dient der Gesetzentwurf dazu, die nach wie vor bestehenden strukturellen Probleme in vielen kommunalen Haushalten zu verschleiern.

Zudem wurde der Entwurf offenkundig mit der „heißen Nadel gestrickt“. Die Sachverständigen deckten in der heutigen Anhörung zahlreiche handwerkliche Fehler und das Fehlen von wichtigen gesetzlichen Folgeregelungen auf. Es fehlen Übergangsregelungen und viele Kommunen sind mit einer Umsetzung bereits zum 01.01.2019 überfordert. Wir empfehlen der Landesregierung deshalb dringend eine grundlegende Überarbeitung des Entwurfs.“
Hintergrund:
Am 19.09.2018 hat die Landesregierung den Entwurf für das „Zweite NKF-Weiterentwicklungsgesetz“ in den Landtag eingebracht. Dadurch soll das kommunale Haushalts- und Rechnungswesen erstmals seit der Einführung des doppischen Systems im Jahr 2005 einer grundlegenden Reform unterzogen werden. Das neue Recht soll ab dem 01.01.2019 gelten.

·         Zu dem Gesetzentwurf gibt es zahlreiche Kritikpunkte:

·         Es soll eine Abkehr vom Grundsatz des „Vorsichtsprinzips“ erfolgen, der das bisherige kommunale Haushaltsrecht prägt.

·         Künftig soll eine Gemeinde einen „globalen Minderaufwand“ ausweisen dürfen. Konkret bedeutet das: Bei den Haushaltsberatungen schaffen es die Ratsmitglieder nicht, die Erträge und Aufwendungen auszugleichen, müssen aber gleichwohl in dieser Situation noch nicht sagen, ob Steuern erhöht oder Leistungen abgesenkt werden. Es reicht vielmehr das allgemeine Versprechen, im Haushaltsvollzug weniger aufzuwenden, als man bei der Verabschiedung des Haushalts zu benötigen meint.

·         Es soll eine Ausweitung der Möglichkeit geben, Haushaltsmittel in die sog. „Ausgleichsrücklage“ zuzuführen. Dies führt dazu, dass weniger Mittel in die allgemeine Rücklage fließen. Da die Inanspruchnahme der Ausgleichrücklage sanktionsfrei ist, die Inanspruchnahme der allgemeinen Rücklage hingegen zu Sanktionen führt, bedeutet diese Neuregelung eine Erleichterung des Verzehrs des kommunalen Eigenkapitals.     

·         Der Gesetzentwurf sieht eine ersatzlose Freistellung von Kommunen von der Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses vor, wenn bestimmte größenabhängige Strukturmerkmale erfüllt sind. Die konkrete Bemessung dieser Strukturmerkmale wird in dem Entwurf jedoch nicht beschrieben.