In der heutigen Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Kindesmissbrauch“ (PUA IV) wurde der Leiter des Kriminal- und Erkennungsdienstes der Polizei in Bad Pyrmont vernommen.

Dort wurde am 20. Oktober 2018 der sexuelle Missbrauch einer damals Neunjährigen durch den später verurteilten Täter Andreas V. auf dem Campingplatz in Lügde gemeldet und eine Strafanzeige gestellt.

Bislang hatte Innenminister Reul immer mitgeteilt, die Strafanzeige aus Bad Pyrmont sei am 12. November 2018 postalisch in der Kreispolizeibehörde Lippe eingegangen. Der Zeuge hat heute jedoch nachvollziehbar geschildert, dass die Unterlagen am 22. Oktober 2018 und wohl erneut am 1. November 2018 elektronisch an die Polizei in Lippe übermittelt wurden.

Erstmals wurde außerdem davon berichtet, dass die Strafanzeige sogar telefonisch zwischen dem Zeugen und einer Polizeibeamtin aus Lippe am 22. Oktober 2018 ausführlich erörtert wurde.

Zur heutigen Vernehmung im PUA IV erklären Jürgen Berghahn, Sprecher, und Andreas Bialas, Obmann der SPD-Fraktion im PUA IV:

„Wir sind es gewohnt, dass uns im Untersuchungsausschuss bis heute nicht alle Akten vorliegen und ein Teil dieser Dokumente sogar in einem Organstreitverfahren begehrt werden müssen. Die heutige Beweisaufnahme schlägt jedoch dem Fass den Boden aus.

Der Zeuge ließ keinen Zweifel aufkommen: Am 22. Oktober 2018 hat er die Dringlichkeit gesehen und sofort Kontakt zur Polizei in Lippe aufgenommen. Ihm war klar, dass es sich um schweren sexuellen Missbrauch handelt. Seinem Urteil nach hätte die Polizei in Lippe sofort reagieren müssen.

Damit steht fest: Seit dem 22. Oktober 2018 hätte die Polizei in Lippe reagieren und das Pflegekind aus der sexuellen Gewalt befreien können. Tatsächlich vergingen 22 weitere Tage, bis das Kind aus den Händen des Täters gerettet wurde.

Weder den bisher übermittelten Unterlagen, noch den offiziellen Verlautbarungen des Innenministers lassen sich telefonische Kontakte oder elektronische Übermittlungen entnehmen. Was sagt der Innenminister dazu, dass dem Untersuchungsausschuss Unterlagen vorenthalten werden? Wir erwarten unverzüglich eine Aufklärung durch den Innenminister.“

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Der Hintergrund:

Die Strafanzeige gegen den Täter Andreas V. wird in Bad Pyrmont am 20. Oktober 2018 für ein neunjähriges Kind erstattet. Sie enthält den Hinweis, dass beim Täter noch ein Pflegekind lebt. Die Vernehmung des Opfers findet erst am 30. Oktober 2018 statt und bestätigt die sexuelle Gewalt gegen sie und das Pflegekind.

Die Informationen über die Vernehmung des Opfers werden jedoch nun via Post am 1. November 2018 von der Polizei Bad Pyrmont zur Kreispolizeibehörde Lippe gesendet und gehen dort am 7. November 2018 ein – ganze 18 Tage nachdem die Anzeige des sexuellen Missbrauchs gestellt wurde. Das Pflegekind wird am 13. November 2018 endlich gerettet: 24 Tage nachdem die Gefahr offensichtlich war.