THEMA BILDUNG UND SCHULE

Starke Kinder, starke Zukunft

Wir wollen, dass Chancen von Anfang an gerecht verteilt sind – das gilt auch und in besonderem Maße für die Schule. Denn gute Bildung ist die Schubkraft für ein gelingendes Leben – und sie muss grundsätzlich und allen Kindern und Heranwachsenden in unserem Land offenstehen. Nicht die Herkunft oder das Einkommen der Eltern sollen über Bildungserfolge und Aufstiegschancen entscheiden, sondern die eigenen Fähigkeiten und das eigene Bemühen.

Unsere zentralen Forderungen im Überblick:

  • Jede Schule muss eine Talentschule sein. Deshalb fordern wir die Einführung eines schulscharfen Sozialindexes, nach dem die besten und viele Lehrkräfte dort eingesetzt werden, wo sin am dringendsten gebraucht werden.
  • Das längere gemeinsame Lernen muss wieder in den Mittelpunkt der Schul- und Bildungspolitik. Die Gesamt- und Sekundarschulen brauchen wir breitere politische Unterstützung. Auch die PRIMUS-Schulen sollten verstetigt werden.
  • Im Kampf gegen den Lehrermangel muss vor allem die Einstiegsbesoldung auf A13 für alle Lehrerinnen und Lehrer angehoben werden.
  • Inklusion ist ein Menschenrecht und keine Ideologie. Wir fordern mehr multiprofessionelle Teams, um individuelle Förderung zu ermöglichen.

Unser Leitziel ist und bleibt ein durchlässiges Bildungssystem, das Bildungswege möglichst lange offenhält, individuelle Förderung ermöglicht und Übergange und Berufseinstiege erleichtert.

Dass Bildung in unserem Land kostenlos und für alle zugänglich sein muss – und dass Schule in diesem Sinne in die Lage versetzt werden muss, gesellschaftliche wichtige Aufgaben der Integrations- und Inklusionsarbeit zu meistern, ist und bleibt unsere klare sozialdemokratische Grundüberzeugung.

Grundschule

Mit dem Ende der Kindergartenzeit stehen viele Eltern vor der Frage: Welche Grundschule ist die geeignete für mein Kind? Die nächstgelegene mit dem kurzen Schulweg oder eine Schule mit einem besonderen Profil, zum Beispiel mit jahrgangsübergreifendem Unterricht oder einem reformpädagogischen Ansatz, etwa nach Montessori oder Peter Petersen. Eltern haben in NRW Wahlfreiheit bei der Auswahl der Grundschule und entscheiden deshalb selbst, welche Schule den Bedürfnissen ihre Kindes vermutlich am besser gerecht wird.

Auch die Frage der Übermittagsbetreuung ist für viele Eltern ein wichtiger Entscheidungsgrund: Wo stehen die Chancen am besten, meinen Sohn oder meine Tochter auch über die Unterrichtszeit hinaus betreuen zu lassen, wenn ich noch arbeite? Für berufstätige Eltern ist es existenziell wichtig, dass ihre Kinder in der Schule zu Mittag essen können, dass sie bei den Hausaufgaben unterstützt werden und dass sie im Idealfall auch „informell“ gefördert werden, durch sportliche, musikalische oder andere kreative Freizeit-Angebote.

Doch egal, wie die Entscheidung ausfällt – alle öffentlich finanzierten Schulen stehen vor dem großen Problem des Lehrkräftemangels – und dem damit verbundenen Unterrichtsausfall. An den Grundschulen in NRW ist es besonders schlimm. In NRW fehlen rund 1.100 Grundschullehrerinnen und -lehrer. Jede 3. offene Stelle ist unbesetzt. Das ist dramatisch.

Eine Ursache: Grundschullehrer verdienen weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen an den weiterführenden Schulen – und das, obwohl sie genauso lange studieren. Selbst Schulrektoren bzw. ihre Stellvertreter werden so schlecht bezahlt, dass diese wichtigen Schlüsselstellen viel zu oft nicht besetzt werden können. 2019 hatte jede neunte Schule in NRW keine Schulleitung.

Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Grundschullehrkräfte seit Jahren – immer größere Klassen, unterschiedlichste Voraussetzungen bei Wissen und Fähigkeiten der Kinder, steigende Diversität in Herkunft und Milieu. Die Lehrerinnen und Lehrer an unseren Grundschulen müssen für ihre anspruchsvolle Arbeit gerecht bezahlt werden. Das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit gegenüber den derzeit tätigen Kollegen, sondern auch die einzig richtige Antwort auf den Lehrkräftemangel an unseren Grundschulen.

Eine gleichmäßige Versorgung von Lehrkräften über alle Schulformen hinweg wird nur über eine gleiche Besoldung gesteuert werden können. Deshalb fordern wir, die Besoldung der Grundschullehrerinnen und -lehrer endlich auf A13 anzuheben.

Gesetzesinitiative der SPD-Fraktion

Weiterführende Schulen

In NRW entscheiden die Eltern selbst über die Schulanmeldung an einer weiterführenden Schule. Die Grundschulen geben eine individuelle Empfehlung ab, die bei dieser Entscheidung helfen soll – zum Beispiel die Empfehlung, auf eine Realschule oder ein Gymnasium zu wechseln – doch letzten Endes entscheidet der Elternwille.

In NRW hat man die Wahl zwischen Hauptschule, Realschule, Sekundarschule, Gesamtschule oder Gymnasium. Für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf gibt es darüber hinaus die Förderschulen.

Die Gesamtschule

Viele Eltern entscheiden sich beim Übergang ihres Kindes in die fünfte Klasse für eine Gesamtschule, um die schulische Karriere ihrer Kinder nicht vorschnell vorzuzeichnen. Und nicht selten kommen Kinder, die in der vierten Klasse noch ihre Schwierigkeiten hatten, später zu einem guten Abitur.

Das Prinzip der Gesamtschule beruht auf der Idee, dass jedes Kind nach seinen Talenten gefördert werden kann. Die Schullaufbahn bleibt länger offen als in den Schulen des sogenannten dreigliedrigen Schulsystems – erst zum Ende der Sekundarstufe eins entscheidet sich endgültig, auf welchen Schulabschluss es hinausläuft. Möglich ist diese Durchlässigkeit des Systems durch Differenzierungsmodelle und den Ganztag, der hier von Anfang an gebunden stattfindet. Dass Hausaufgaben grundsätzlich in der Schule erledigt werden bzw. durch den Ganztagsunterricht weitgehend entfallen können, ist für viele Eltern ein weiteres wichtiges Argument. Anders als die meisten Gymnasien in NRW hat die Gesamtschule auch nie den Weg des Abiturs nach neun Jahren (G9) verlassen. Zwar gibt es auch hier die Möglichkeit, dass überdurchschnittlich lernstarke Kinder ihr Abitur nach acht Jahren (G8) ablegen – es bildet aber eine Ausnahme im Rahmen der individuellen Förderung aller Schülerinnen und Schüler. Auch das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung – die Inklusion – läuft an Gesamtschulen schon seit vielen Jahren erfolgreich und reibungslos. Es entspricht dem Grundanspruch der Gesamtschule, jedes Kind nach seinen Fähigkeiten zu fördern, um sein individuelles Potenzial zu entfalten.

Dass Gesamtschulen in NRW im Schuljahr 2018/2019 wieder rund 8.000 Schülerinnen und Schüler ablehnen mussten, zeigt, wie groß der Bedarf ist und welch großer Beliebtheit sich die Gesamtschule erfreut. Sie ist und bleibt ein sozialdemokratisches Erfolgsmodell, das in NRW vor 50 Jahren auf den Weg gebracht wurde. Wir brauchen daher einen konsequenten Ausbau von Gesamtschulen und damit verbunden die Möglichkeit auf längeres gemeinsames und erfolgreiches Lernen für alle.

Wir sehen an den Gesamtschulen unseres Landes dringenden Handlungsbedarf. Angetreten ist die Gesamtschule mit dem nunmehr 50 Jahre alten Versprechen, eine Schule für alle Schülerinnen und Schüler, eine Schule der Vielfalt zu sein. Vor Ort lösen Lehrinnen und Lehrer Tag für Tag dieses Versprechen ein. Diesem Anspruch können sie im Alltag jedoch häufig nicht mehr gerecht werden. Deshalb wird es Zeit, dass die Landesregierung die Rahmenbedingungen für die Gesamtschulen verbessert. Dazu zählt u.a.:

Schulscharfer Sozialindex und A13 für alle

  • Einführung eines schulscharfen Sozialindexes (s.u.), der die Ressourcen nach den Bedingungen vor Ort verteilt. Das heißt: die besten und viele Lehrkräfte dorthin, wo sie am dringendsten gebraucht werden.
  • Alle Lehrkräfte an den Gesamtschulen müssen endlich mit A13z/EG 13 besoldet werden. Denn um die vorhandenen Stellen an Schulen mit herausfordernden Standortbedingungen zu besetzen, müssen strukturelle Defizite behoben.

Das Gymnasium

Auch die Anmeldezahlen für bestimmte Gymnasien übersteigen seit Jahren die vorhandenen Kapazitäten. Gerade in Großstädten können Kinder oft nicht an der Schule ihrer Wahl angenommen werden. Grundsätzlich entscheidet ein Schlüssel aus verschiedenen Kriterien – Wohnortnähe, Geschwister an derselben Schule u.a. – über die Chancen, an einem Gymnasium aufgenommen zu werden. Der Notendurchschnitt des letzten Grundschulzeugnisses darf dabei keine Rolle spielen, weil in NRW Wahlfreiheit für die Eltern besteht. Viele Schulen sind dazu übergegangen, zwischen gleichberechtigten Bewerbern per Los zu entscheiden.

Fast alle Gymnasien in NRW haben zum Schuljahr 2019/2020 wieder auf das Abitur nach neun Jahren (G9) umgestellt. Aus der Inklusion haben sich in NRW inzwischen fast alle Gymnasien verabschiedet. Hier lernen diejenigen Schülerinnen und Schüler gemeinsam, die als Abschluss ihrer Schullaufbahn von Anfang an das Abitur anstreben. Da nur wenige Gymnasien echte Ganztagsschulen sind, findet hier Übermittags- bzw. Nachmittagsbetreuung in der Regel als freiwilliges Angebot statt, das entsprechend von den Eltern bezahlt werden muss. In der Konsequenz gibt es an Gymnasien auch die klassischen Hausaufgaben, die entweder in der Schule oder zuhause erledigt werden müssen. Die Menge und Häufigkeit der Hausaufgaben regelt der offizielle Hausaufgabenerlass der Schulministeriums NRW.