Zum Aktionsprogramm „Ankommen und Aufholen für Schülerinnen und Schüler“ der NRW-Landesregierung erklärt Jochen Ott, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

„Seit Beginn der Pandemie haben wir uns den Mund fusselig geredet, damit die Schulministerin endlich die individuellen Lernentwicklungen und Lernerfahrungen der Schülerinnen und Schüler stärker in den Blick nimmt. Mit dem jetzt aufgelegten Aktionsprogramm hat sie offenbar erkannt und akzeptiert, dass darin der Schlüssel zu einer erfolgreichen ,Bekämpfung’ der bildungspolitischen Folgen von Corona liegt.

Noch vor wenigen Monaten hat sie unser Konzept der außerschulischen Lernorte als Lernen in Gaststätten und auf Kegelbahnen abgetan. Jetzt ist es ein zentraler Bestandteil des Aktionsprogramms ,Ankommen und Aufholen‘. Auch die individuellen Lernstandsdiagnosen sind nunmehr fest darin integriert. Frau Gebauer scheint endlich selbst angekommen zu sein und hat unsere Forderungen inzwischen fast wortgleich übernommen. Jedenfalls ist dieses Aktionsprogramm ein Schritt in die richtige Richtung, der jetzt aber auch konsequent weitergegangen werden muss.

So halten wir es nach wie vor für falsch, schon ab Ende August zum unterrichtlichen Schulalltag überzugehen und dabei auf Leistungsüberprüfungen, Klausuren und Klassenarbeiten zu setzen.

Hier sollte die Schulministerin nachjustieren und den Schulen die Möglichkeit einräumen, die Ankommenszeit auf das erste Schul-Quartal auszudehnen.

Darüber hinaus muss die Landesregierung jetzt klar kommunizieren, wie sie sich den Schulalltag in Zeiten von Corona künftig vorstellt. Was passiert, wenn sich eine Schülerin oder ein Schüler mit Corona infiziert? Welche Quarantäne-Regelungen gelten dann? Auf diese Fragen hat die Schulministerin in der gestrigen SchulMail immer noch keine Antworten. Auch gibt es nach wie vor keine Szenarien für den Notfall. Unser aller Hoffnung auf Normalität darf strategische Planung nicht ersetzen. Dazu gehören auch konkrete Impfangebote an Schulen für Kinder und Jugendliche über 12 Jahren mit entsprechenden Informationen für die Eltern. Das muss die Landesregierung jetzt organisieren.

Um Schule in diesen Zeiten krisenfest zu machen, muss sie ihren Blick zudem insgesamt weiten und auch die strukturellen Probleme im Bildungsbereich systematisch angehen. Bisher ist sie jedenfalls kläglich daran gescheitert, den Lehrkräftemangel erfolgreich zu bekämpfen. Ihre vier Maßnahmenpakete haben sich dafür als nicht wirksam erwiesen. Mehr als 4.000 unbesetzte Lehrerstellen sind einfach viel zu viel. Wir brauchen endlich eine Personaloffensive u.a. mit einer Anpassung der Besoldung aller Lehrkräfte unabhängig von der Schulform auf A13, mit einer deutlichen Erhöhung der Studienplätze für die Lehrämter der Grundschule und für Sonderpädagogik, mit der Einführung eines attraktiven Lebenszeitarbeitskontos für Lehrkräfte und mit der zeitweisen Erhöhung des maximalen Verbeamtungsalters auf das 45. Lebensjahr. Das alles würde zu einer erheblichen Attraktivierung beitragen. So aber bleibt die schwarz-gelbe Koalition viele ihrer Versprechen schuldig und fährt in der Krise weiterhin auf Sicht.“