Am heutigen Montag tritt der größte Teil des Übergangsfahrplans in Kraft, der in weiten Regionen Nordrhein-Westfalens aufgrund des Abellio-Marktaustritts notwendig geworden ist. Danach fahren ab dieser Woche auf wichtigen Linien weitaus weniger Linien als im Normalbetrieb. Das Verkehrsministerium hat im Zuge dieser Entwicklungen kürzlich eine sogenannte Zielnetzkonzeption für die Jahre 2032-2040 vorgelegt. Konkrete Maßnahmen, um unmittelbar auf diesen Super-Gau zu reagieren, hat sie bisher nicht unternommen. Hierzu erklärt Carsten Löcker, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

„Die Vorlage einer Zielnetzkonzeption für die Jahre 2032-2040 ist ein verkehrspolitischer Bluff. Damit will Verkehrsministerin Ina Brandes vier Monate vor der Landtagswahl nur davon ablenken, dass sie keinerlei Ideen hat, wie sie unmittelbar auf das Abellio-Aus und auf die schwerwiegenden Probleme im Personennahverkehr reagieren will. Millionen von täglichen Fahrgästen in Nordrhein-Westfalen ist nicht damit gedient, einen Wunsch-Katalog für die ferne Zukunft vorgelegt zu bekommen, wenn im aktuellen Alltagsbetrieb erhebliche Beeinträchtigungen mit Zugausfällen über Wochen und Monate die Realität sind.

Ganz abgesehen davon enthält ihre Vorlage, die aus mehr als 360 losen Einzelmaßnahmen besteht, auch noch zahlreiche Fehler, Unzulänglichkeiten und Widersprüche:

  • Zweifel kommen schon dadurch auf, dass in ihrer Auflistung Verkehrsmaßnahmen zur Ausweitung einiger RRX-Linien auftauchen, die bereits in der Zielkonzeption 2022-2030 enthalten sind. Diese müssten dann doch längst abgearbeitet sein.
  • Darüber hinaus sind Maßnahmen in der Zielnetzkonzeption 2032-2040 enthalten, die bereits abgeschlossen sind. oder dann längst abgeschlossen sein werden. Als konkretes Beispiel sei die Maßnahme »Hertener Bahn« von Oberhausen-Osterfeld bis Hamm, mit den zusätzlichen Haltepunkten Herten (bis 2022) und Westerholt (bis 2025), genannt. Solche Maßnahmen haben in einer Absichtserklärung für die Jahre 2032 bis 2040 nichts zu suchen.
  • Die Liste zeigt weitere eklatante Widersprüche auf. So zum Beispiel im Bereich Bocholt, wo die Reaktivierung der Bahnstrecke 2265 zwischen Bocholt nach Rhede, unverzichtbar als Bestandteil einer Schienenverbindung zwischen Wesel und Münster aufgeführt wird, obwohl der damalige Landesverkehrsminister und jetzige Ministerpräsident Hendrik Wüst für Teile der Trasse die Umwidmung für den Radschnellweg 2 zugesagt hatte. Was denn nun?

Vor diesem Hintergrund erweist sich diese Vorlage zur zukünftigen Verkehrsplanung im Land als wenig belastbar. Ihre Qualität stimmt nicht. Sie enthält keine konkreten Zeitpunkte für die Realisierung einzelner Maßnahmen und auch keine Angaben zur verlässlichen Finanzierung.

Die Wahrheit ist, dass gegenwärtig zusätzlich 167 Millionen Euro vom Land bereitgestellt werden müssten, um allein den öffentlichen Nahverkehr der Schiene in seiner heutigen Form aufrechtzuerhalten.

ÖPNV und Schienenverkehr sind unverzichtbarer Bestandteil einer Mobilitätswende in NRW. Nur deren erhebliche Stärkung über die gegenwärtigen Kapazitäten hinaus kann zum Erfolg führen. Mit attraktiven und zuverlässigen Angeboten möchten wir die Menschen für den Bahnverkehr gewinnen. Dafür braucht es allerdings solide und langfristige Pläne statt wenig belastbarer Papiere aus dem Ministerium.

Der ehemalige Landesverkehrsminister und jetzige Ministerpräsident Hendrik Wüst hat dem Land und seinen Menschen eine schwere verkehrspolitische Erblast hinterlassen. Sanierungsbedürftige Autobahnbrücken, Staus und den öffentlichen Nahverkehr – all das hat er trotz vollmundiger Versprechen nicht angepackt.“