Die Landesregierung hat heute eine Studie zur Vorbereitung der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Kinderverschickung bis in die 1990er Jahre vorgelegt. Hierzu erklären Dennis Maelzer, familienpolitischer Sprecher, und Josef Neumann, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW:

Dennis Maelzer:

„Vor knapp zwei Jahren haben wir das erfahrene Leid der Verschickungskinder erstmals zum Thema im Landtag gemacht. Mir ist es vor allem für die Betroffenen wichtig, dass wir einen breiten Konsens zur Aufarbeitung dieses bislang wenig beleuchteten und dunklen Kapitels bundesdeutscher Nachkriegsgeschichte auf den Weg gebracht haben. Die nun vorgelegte Studie ist ein weiterer wichtiger Schritt, um das Schicksal und die Geschichte von Verschickungskindern anzuerkennen, aufzuarbeiten und sichtbar zu machen. Genau darauf haben sich die vier demokratischen Fraktionen im Landtag verständigt. Die Studie zeigt unter anderem, dass die NS-Ideologie in vielen Kindererholungsheimen bis weit in die Nachkriegszeit präsent war. Es gab inhaltliche und personelle Kontinuitäten. Die Wissenschaftler decken zudem auf, in welchen Bereichen noch weiter geforscht werden muss. Das betrifft insbesondere die Gewalterfahrungen, von denen viele Verschickungskinder heute berichten. Deshalb ist es immens wichtig, Opfer und Zeitzeugenberichte jetzt zu hören – gerade aus den früheren Jahren. Nur so wird es möglich sein, ein umfassendes Bild dessen zu bekommen, was in den Kindererholungsheimen vor sich ging.“

Josef Neumann:

„Ein Großteil der ehemaligen Verschickungskinder stammt aus Nordrhein-Westfalen. Deshalb ist es unsere Pflicht, die Betroffenen bei der Aufarbeitung zu unterstützen. Dazu gehört eine fundierte wissenschaftliche Aufarbeitung. Der erste Schritt dazu ist mit der nun vorgelegten Studie getan.

Weitere wissenschaftliche Erkenntnisse werden folgen und die Arbeit des Runden Tisches begleiten. Dieser hat große Bedeutung für uns. Betroffenenverbände werden hier gemeinsam mit Landesbehörden, Landschaftsverbänden, Kommunale Spitzenverbänden, den beteiligten Sozialleistungsträgern, Wohlfahrtsverbänden, den Kirchen, mit der Wissenschaft und den Archiven gemeinsam an der Aufklärung arbeiten. Dabei werden wir sie bestmöglich unterstützen. Aus Erfahrungen mit anderen Prozessen wissen wir, dass die Aufarbeitung ein langer und kräftezehrender Weg ist. Dass wir nach knapp zwei Jahren schon so weit gekommen sind, macht mir Mut für die weiteren Schritte. Meine Erwartung ist, dass Parlament und Landesregierung an dieser Stelle weiterhin eng zusammenarbeiten, zum Wohle der ehemaligen Verschickungskinder.“