In der heutigen Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Hochwasser-Katstrophe“ (PUA V) wurde Innenminister Herbert Reul als Zeuge vernommen. Dabei hat er persönliche und systemische Fehler der Landesregierung eingeräumt. Hierzu erklärt Nadja Lüders, Obfrau der SPD-Fraktion im PUA V:

„Wie sich bei der Vernehmung heute herausgestellt hat, lagen dem Innenminister zentrale Informationen des Deutschen Wetterdienstes und des Europäischen Hochwasser-Warnsystems (EFAS) schon am 13. Juli 2022 vor. Allerdings hat er hierauf erst im Laufe des 14. Juli reagiert. Auch von der Landeslage, die sein Ministerium bereits am 13. Juli ausgerufen hatte, hat der Minister erst einen Tag später Notiz genommen. Offenbar war der oberste Krisenmanager der Landesregierung während der schlimmsten Naturkatastrophe  in der Geschichte des Landes nicht auf Empfang. Die Konsequenzen daraus sind leider dramatisch. So hat der Innenminister nicht von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht, dem Ministerpräsidenten die Aktivierung des Krisenstab zu empfehlen und die Bürgerinnen und Bürger des Landes, z. B. über den WDR, umfangreich zu warnen. Er ist damit seiner Pflicht nicht gerecht geworden. Stattdessen hat er erst am 15. Juli – also 48 Stunden zu spät – eine Koordinierungsgruppe eingerichtet, die lange Zeit völlig unzureichend besetzt war und kaum Entscheidungen getroffen hat.

Offenbar missachtete der Innenminister seine gesetzliche Pflicht, schon in der sich anbahnenden Krise alle Möglichkeiten zum Schutz von Menschenleben zu nutzen und wartete, bis die Katastrophe eingetreten war. Seine Ausflüchte, das NRW-Gesetze ihm nicht mehr erlaubt hätten, wirken bürokratisch und nicht handlungsorientiert. Zur Erinnerung: In der Nacht vom 14. zum 15. Juli starben die meisten der 49 Flutopfer. Hätte der Innenminister die ihm vorliegenden Informationen nicht erst 24 Stunden später zur Kenntnis genommen, hätte das Krisenmanagement der Landesregierung schon weitaus früher einsetzen können. Stattdessen hat der Innenminister die Verantwortung völlig den unter Wasser stehenden Kommunen überlassen.

Dramatisch ist auch, dass jeder Kontakt zwischen Innen- und Umweltministerium in der Zeit vom 12. bis 15. Juli sowohl auf Arbeits-, wie auf Ebene der Hausspitzen völlig fehlte. Das macht fassungslos. Die beiden in der Flutkatastrophe wichtigsten Ministerien gingen sich quasi aus dem Weg.

Dabei hätte man, wie Minister Reul in seiner Vernehmung heute selbst einräumen musste, bei einem Treffen der Fachleute aus Meteorologie, Hydrologie und Geographie die Gebiete mit abflusslosen Boden und Hängen – insbesondere in der Eifel – Stunden vorher schon identifizieren und Evakuierungen, zumindest aber Warnungen, prüfen können. Auch dafür wird sich Frau Heinen-Esser noch einmal vor dem Ausschuss rechtfertigen müssen.“