In der Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Hochwasserkatastrophe“ (PUA V) am vergangenen Freitag (18. Februar 2022) wurden erneut Zeuginnen und Zeugen gehört. Hierbei handelte es sich um die persönlichen Mitarbeiter:innen von Innenminister Reul und Staatssekretär Jürgen Mathies sowie um Prof. Dr. Robert Jüpner von der Technischen Universität Kaiserslautern, der für den PUA V auf Antrag von CDU und FDP ein Gutachten zur Bewertung des Katastrophenmanagements der Landesregierung erstellt hat. Demnach seien die meteorologischen Vorhersagen für das Hochwasserereignis vergleichsweise präzise gewesen. So sei eine landesweite Lage entstanden, für die es eine zentrale Führungsnotwendigkeit gegeben habe. An dieser Führung habe es ebenso wie an einem landesweiten Echtzeit-Lagebild jedoch gemangelt.

Zusätzlich kam in der Vernehmung zutage, dass die von Innenminister Reul am 14./15. Juli 2021 eingesetzte Koordinierungsgruppe (KGS) bei Weitem personell nicht so ausgestattet war, wie es der Minister in der Vergangenheit sowohl gegenüber dem Parlament als auch der Öffentlichkeit dargestellt hatte. So hätten nach der Stabsdienstordnung insgesamt 19 Personen Teil der Koordinierungsgruppe sein sollen. Tatsächlich waren aber ganz zu Beginn am 14. Juli zunächst nur zwei und am Morgen des 15. Juli nur etwa 7 Personen in der KGS aktiv. Der Beamte aus dem Innenministerium begründete das damit, dass gar nicht genug Mitarbeiter zur Verfügung gestanden hätten und sprach in diesem Zusammenhang von „fehlendem Stundenkontingent“.

Hierzu erklärt Stefan Kämmerling, Obmann der SPD-Fraktion im PUA V:  

„Was als Entlastungsgutachten gedacht war, wurde zum Bumerang für die Fraktionen von CDU und FDP. Der Gutachter geht mit der schwarz-gelben Landesregierung hart ins Gericht. Sie hat die Katastrophe unterschätzt, die Zusammenarbeit mit Meteorologen und Hydrologen versäumt und die Kommunen nicht ausreichend gewarnt.

Klar ist: Der Katastrophenschutz in Nordrhein-Westfalen muss verbessert werden. Neue Instrumente, die das Leben der Menschen in unserem Land zukünftig sicherer machen, haben unsere volle Unterstützung. Aber sie müssen dann auch Anwendung finden. Innenminister Reul und die gesamte Landesregierung haben im Juli 2021 das Gegenteil getan. Sie haben viel zu lange abgewartet und viel zu spät auf das nahende Unglück reagiert. Spätestens am 12. Juli hätten sie das aber tun müssen. Die Mittel hierzu, wie etwa die Aktivierung des Krisenstabes, haben sie gar nicht erst eingesetzt. Und auch die stattdessen aktivierte Koordinierungsgruppe war mehr Schein als Sein. Anders als der Innenminister gegenüber Parlament und Öffentlichkeit stets behauptet hat, war die KGS zu Beginn eben nicht voll einsatzfähig und mit der vorgesehenen Personalstärke besetzt. Wie es zu dieser Einschätzung kam, wird der Innenminister vor dem PUA noch erklären müssen. Die schwarz-gelbe Landesregierung war jedenfalls mit dem Katastrophenmanagement offenbar vollkommen überfordert.“