In der gestrigen Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Kleve“ (PUA III) haben die regierungstragenden Fraktionen von CDU und FDP ein neues datenforensisches Gutachten zum zu Unrecht inhaftierten und bei einem Zellenbrand verstorbenen Amad A. in der JVA Kleve beantragt. Hierzu erklärt Sven Wolf, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW und Sprecher im PUA III:

„Noch im Oktober des letzten Jahres wurde seitens der CDU-Fraktion das Ende unserer PUA-Arbeit erklärt. Dieses verfrühte Urteil nimmt sie nun selbstständig zurück – und versucht stattdessen durch ein verspätetes, unzureichendes datenforensisches Gutachten wieder politischen Boden gut zu machen. Diesen verzweifelten und vor allem untauglicher Befreiungsversuch für den in Bedrängnis geratenen Innenminister haben wir gemeinsam mit den Grünen durch einen eigenen Antrag mit klaren Fragen zu korrigiert. Jetzt wird sich die Sachverständige auch mit Fragen unerlaubter Datenlöschungen und ihren Folgen beschäftigen können.

Das in Auftrag gegebene Gutachten darf aber über eines nicht hinwegtäuschen: Der Fehler, der zur Tragödie von Amad A. führte und mit seinem Tod endete, lag nicht an der Software oder der IT. Es war der Unwillen von Polizisten und Regierungsbediensteten, offenkundigen Ungereimtheiten nachzugehen. Etwas, das jede und jeder im Polizeidienst eigentlich selbstverständlich machen sollte. Eine IT-Panne ist als Erklärung zu einfach.

Die Regierungsfraktionen sollten ihren Justizminister lieber dazu bringen, die Ergebnisse der nach den tragischen Ereignissen in der JVA Kleve eingerichteten ‚Expertenkommission zu Optimierungsmöglichkeiten im Justizvollzug‘ umzusetzen. Bereits im Juli 2019 hat sie beispielsweise eine Notruf-Funktion bei Gegensprechanlagen, den Einsatz flammhemmender Matratzen-Typen und die Bestellung von Brandschutzbeauftragten in Gefängnissen gefordert. Wie wichtig diese Maßnahmen sind, hat Herr Manteuffel als Leiter der Kommission in unserer Sitzung erneut betont. Die Öffentlichkeit darf gespannt sein, was die Vernehmung von Minister Biesenbach am 21. Juni 2021 dazu ergeben wird.

Wir konzentrieren uns auch weiterhin auf das umfangreiche Gutachten des LKA, das die Vorgänge, die zur Unrechtshaft von Amad A. führten, bereits kritisch durchleuchtet hat. Daraus ergeben sich Hinweise auf ein polizeiliches Systemversagen, für das der Innenminister die politische Verantwortung trägt. Dafür muss sich Minister Reul am 24.08.2021 vor dem Untersuchungsausschuss rechtfertigen.“