Laut Bericht des Landesinnenministeriums stehen nach wie rund drei Millionen Mehrarbeitsstunden auf dem Guthabenkonto der Polizistinnen und Polizisten in Nordrhein-Westfalen. Und diese Zahl ist offensichtlich nur grob geschätzt: Der Landesrechnungshof rügt das Innenministerium in seinem aktuellen Jahresbericht, dass weder eine verlässliche Datenbasis über die rechtmäßig entstandenen Mehrarbeitsstunden vorliegt, noch über eine behörden- bzw. direktionsscharfe Verteilung unterschieden werden kann. Dazu erklärt Frank Börner, Sprecher der SPD-Fraktion im Ausschuss für Haushaltskontrolle:

„Die schwarz-grüne Landesregierung ist nicht in der Lage, die tatsächliche Zahl der Überstunden unserer Polizistinnen und Polizisten zu beziffern. Es gibt mehr als 20 verschiedene Erfassungssysteme, die sich angeblich nicht synchronisieren lassen. Gleichwohl sind auch die geschätzten drei Millionen Überstunden ein riesiger Berg, die der Innenminister seit Jahren vor sich herschiebt. Umgerechnet sind das über 70 Millionen Euro, die die Kolleginnen und Kollegen der Polizei der Landesregierung quasi als Kredit zur Verfügung gestellt haben – und dies nicht einmal freiwillig, da die allermeisten Überstunden angeordnet wurden.

Die Landesregierung hat keinen Plan, wie diese Überstunden abgebaut werden sollen. Jedes Unternehmen muss Überstunden als Verbindlichkeiten in seiner Bilanz aufführen. Die Landesregierung hingegen verschweigt still diesen Kredit und hat keine Strategie, wie sie zukünftig ihre Schulden tilgen wird. Aus Fürsorgegesichtspunkten sollte eigentlich eine Dienstbefreiung als Ausgleich für Mehrarbeit gelten. Doch das Ministerium des Innern setzte sogar Fehlanreize und forderte dazu auf, eine finanzielle Vergütung als Ausgleich für geleistete Mehrarbeit vorzuziehen.

Es ist nicht hinnehmbar, dass unsere Polizistinnen und Polizisten permanent über ihre Belastungsgrenzen gehen müssen und so zusätzlich ihre Gesundheit strapazieren. Hier wird auf ihrem Rücken eine verfehlte Personal- und Finanzpolitik ausgetragen. Diese Praxis, die nun auch der Landesrechnungshof in seinem Jahresbericht 2022 ausdrücklich kritisiert hat, muss endlich aufhören. Wir brauchen dringend mehr Personal und vor allem ein landeseinheitliches Zeiterfassungssystem, um die Mehrarbeitsstunden korrekt zu erfassen. Es kann nicht sein, dass es nach über zwölf Jahren Erprobungszeit immer noch kein funktionierendes System gibt.“