In einer aktuellen Stunde beschäftigte sich der nordrhein-westfälische Landtag heute auf Antrag der SPD-Fraktion mit den Plänen aus den Reihen der CDU/FDP-Koalition zur Abschaffung der Stichwahlen bei Kommunalwahlen. Dazu sagt Christian Dahm, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW:
„Die Überlegungen von CDU und FDP zur Abschaffung der Stichwahlen bei Kommunalwahlen sind ein Angriff auf die Demokratie in den Kommunen. Bei einer Verwirklichung dieser Pläne würden die Ämter des Bürgermeisters und der Landräte massiv entwertet, da ohne Stichwahlen Kandidaten ins Amt kämen, die nur eine sehr geringe Stimmenanzahl auf sich vereinigen.
Als im Jahr 2011 die Stichwahl in Nordrhein-Westfalen von einer deutlichen Mehrheit im Landtag wiedereingeführt wurde, war es das erklärte Ziel, mehr Legitimation für die gewählten Hauptverwaltungsbeamten, Bürgermeisterinnen oder Bürgermeister, Landrätinnen oder Landräte zu schaffen. Und dieses Ziel wurde erreicht: Die Mitspracherechte der Bürgerinnen und Bürger wurden gestärkt, die Demokratie insgesamt belebt.
 Für die Wiedereinführung der Stichwahl gab es damals deshalb auch eine deutliche parlamentarische Mehrheit, bestehend aus den regierungstragenden Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und zwei der damaligen Oppositionsfraktionen – darunter erfreulicherweise auch die FDP.
Umso bemerkenswerter ist es gerade bei der FDP, dass sie nun offenbar aus rein koalitionstaktischen Erwägungen ihre früheren, von demokratischem Verantwortungsbewusstsein getragenen Prinzipien munter über Bord wirft und sich zum Erfüllungsgehilfen der CDU macht. Die Motivation der CDU ist wiederum vor allem in der Befürchtung begründet, dass ihre Kandidaten bei zukünftigen Stichwahlen in den Kommunen nicht die erforderlichen Mehrheiten erreichen können. Sollten die Pläne aus der Regierungskoalition Wirklichkeit werden, wird somit ein Stück gelebte Demokratie in Nordrhein-Westfalen alleine aus parteitaktischen Motiven beschädigt. Darüber haben CDU und FDP das Parlament und die Öffentlichkeit heute aber im Dunkeln gelassen.“
Hintergrund:
Nach Medienberichten vom 09.11.2018 hat der CDU-Fraktionsvorsitzende Bodo Löttgen angekündigt, die Stichwahlen bei der Entscheidung über Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte zur nächsten Kommunalwahl 2020 wieder abzuschaffen. Einen entsprechenden Beschluss hat die CDU-Landtagsfraktion bereits einstimmig gefasst. Sie folgt damit einer Empfehlung des Landesparteitags der CDU vom Juni 2018. Auch die FDP zeigt sich gegenüber den Plänen zur Abschaffung der Stichwahl aufgeschlossen.
Die Stichwahl war erstmalig im Jahr 1994 eingeführt worden. Im Jahr 2007 wurde sie von der damaligen CDU-FDP-Regierung wieder abgeschafft. Die rot-grüne Minderheitsregierung führte sie dann 2011 mit den Stimmen von FDP und Linken wieder ein. Hintergrund war, dass die Abschaffung der Stichwahl bei der Kommunalwahl 2009 in einigen Kommunen dazu geführt hatte, dass Kandidaten  gewannen, die weniger als ein Drittel aller Stimmen auf sich vereinigen konnten. So gewann zum Beispiel der Bürgermeisterkandidat in Monheim mit 30,4%, in Wülfrath reichten sogar 27% für das Amt. Der Stimmenanteil der Wahlsieger war in diesen Fällen zu niedrig, um einen ausreichenden Rückhalt bei der Wählerschaft zu gewährleisten. Die Stichwahl sorgt in solchen Fällen für eine eindeutige und klare Entscheidung.