„Mein Körper! Meine Entscheidung!“ – wie wir die Selbstbestimmung schwangerer Frauen stärken können

Die Abschaffung des Paragrafen 219a war ein wichtiger Meilenstein in der Stärkung der körperlichen Selbstbestimmung schwangerer Frauen. „Dennoch ist die Lage für die Betroffenen, die eine Schwangerschaft abbrechen wollen, immer noch schwierig“, sagt Lisa-Kristin Kapteinat, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag NRW. „Schwangerschaftsabbrüche sind nach wie vor ein Straftatbestand. Dieser wird lediglich nicht bestraft, sofern er bis zur zwölften Schwangerschaftswoche vorgenommen wird und im Vorfeld ein Beratungsgespräch erfolgte.“ Die SPD-Fraktion fragt daher: „Wie lässt sich die körperliche Selbstbestimmung schwangerer Frauen weiter stärken?“ Um das zu diskutieren, haben Lisa-Kristin Kapteinat und Anja Butschkau, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion, zum Landtagstalk „Mein Körper! Meine Entscheidung!“ eingeladen.

Anja Butschkau unterstreicht die Dringlichkeit des Themas: „Radikale Abtreibungsgegner*innen lauern Betroffenen immer wieder vor Praxen und Beratungsstellen auf und bedrohen Mitarbeiter*innen im Internet. Zugleich nimmt die Zahl ambulanter und stationärer Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche überhaupt noch möglich sind, weiter ab, sodass Betroffene oft weite Wege in Kauf nehmen müssen.“

Eine Frau, die solche Wege verkürzt, ist Dr. Gabie Raven, Leiterin Gynaikon Praxisklinik in Dortmund. Mit ihrem medizinischen Angebot für Schwangerschaftsabbrüche ist sie aus den Niederlanden nach Deutschland gekommen. „Ich mache meine Arbeit seit 31 Jahren“, sagt sie. Viele Frauen aus Deutschland seien früher in ihre niederländische Praxis gefahren. Dort seien Schwangerschaftsabbrüche weniger tabuisiert, sagt Raven. In Deutschland erlebt sie eine andere Haltung. „Das Streichen des Paragrafen 219a ist zwar gut. Aber wenn die Gesellschaft sich nicht ändert, ändert sich nichts“, sagt sie. „Es liegt an uns, das zu ändern“, bekräftigt Anja Butschkau.

Valentina Chiofalo (Deutscher Juristinnenbund) bewertet die Streichung des Paragrafen 219a ähnlich. „Das war ein wichtiger Schritt. Aber die Streichung löst nicht alle Probleme.“ Zumindest sei die Selbstbestimmung schwangerer Frauen wieder als Thema in den gesellschaftlichen Diskurs gerückt.

Leni Breymaier kümmert sich als Sprecherin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend der SPD-Bundestagsfraktion auch um die Belange schwangerer Frauen. „Für uns ist klar, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht ins Strafgesetzbuch gehören.“ Die SPD habe auch nie den Paragrafen 218 gewollt. Dieser regelt bislang unter welchen Umständen ein Abbruch der Schwangerschaft straffrei ist – und wann er eben strafbar ist. Eine Kommission im Bund widme sich nun dem Paragrafen 218.

„Wir sollten nicht leise sein“ – so lauter der Appell von Nicola Völckel, AWO Bezirk Niederrhein, Leiterin des Beratungszentrums Lore-Agnes-Haus in Essen. Denn ihre Erfahrung zeigt: „Wir sehen ganz deutlich, dass viele Frauen mit einem Tabu-Gefühl kommen.“ Das gelte es zu ändern.

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